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UNTERWEGS IN ARGENTINIEN,
URUGUAY & CHILE
Das
ich eine kleine Schwäche für Latein Amerika
entwickelt habe
dürfte den meisten Lesern des SABBELs (oder auch des Plastic
Bombs) mittlerweile aufgefallen sein. Und so hatten meine liebe Julia
und ich uns für meine sommerlichen Semesterferien das
schöne
Chile für eine weitere Reise nach Süd Amerika
ausgesucht.
Doch schon mit den ersten Besuchen bei diversen Reisebüros
stellte
sich grosse Ernüchterung ein, denn die angebotenen
Flüge
lagen in Preisklassen, von denen Studenten und Arbeitslose nicht einmal
zu träumen wagen. Doch letztendlich hatten wir dann doch noch
Glück und wir fanden einen erschwinglichen Flug nach Buenos
Aires,
Argentinien. Auch nicht übel, dachte ich mir... dann
können
wir uns gleich auch noch Argentinien ansehen und vielleicht noch einen
Abstecher nach Uruguay machen. Ich liess also mal wieder meine Kontakte
spielen, schrieb fleissig E-mails und sammelte Platten, Buttons,
Aufnäher, CDs und Tapes, um sie als hübsche
Mitbringsel an
die Punks zu verteilen, die ich treffen wollte!
Am 27. August stieg unsere Maschine in die Lüfte und brachte
uns
ohne grossartige Probleme über Paris und Sao Paulo nach Buenos
Aires. Fabian von TERROR Y MISERIA hatte mir die Nummer eine Buslinie
geschrieben, die uns vom Flughafen direkt vor die Pforten eines Squats
gurken sollte, in dem wir uns treffen wollten. Was er mir nicht gesagt
hatte: die Busfahrt dauerte fast 3 Stunden und endete in dem
runtergekommen Barrio Boca. Richtig... genau neben dem gigantischen
Stadion der berühmten Boca Juniors. Die Busfahrt war
natürlich schon sehr aufregend, so fuhren wir durch die weit
ausserhalb gelegenen Armenviertel und Wohnblock-Siedlungen, die die 15
Millionen Stadt BsAs umringen, bevor wir langsam in das
geschäftige Zentrum der Stadt vordrangen. Im Bus wurden wir
direkt
von zwei total betrunken Argentiniern belagert, die schon am
späten Vormittag derart dicht waren, dass uns geradezu Angst
und
Bange wurde. Zumal wir noch durch unsere Venezuela Erfahrungen
vorbelastet waren und nicht wirklich wussten, was für ein
Schlag
von Menschen uns in Argentinien erwarten würde, verhielten wir
uns
äusserst vorsichtig und rechneten jeden Moment damit, dass die
Burschen uns ans Leder wollen. Spätestens als mir der
betrunkenere
der beiden einen halb abgelutschten Joint zusteckte und der andere mit
grinsendem Gesicht die Boca Juniors lobte, bemerkten wir, wie
beschissen vorurteilsbeladen und ängstlich wir
Europäer mal
wieder waren. Diese zwei heiteren Gesellen waren nur die Vorboten einer
unglaublichen Freundlichkeit und Hilfsbereitsschaft, die uns in
Argentinien entgegenschlug. Völlig gleich, wen wir auf der
Strasse, in Geschäften, Taxis oder Bussen ansprachen: jeder
bemühte sich um uns, interessierte sich für uns und
half uns
völlig uneigennützig bei allem weiter, was uns unsere
Reise
erschwerte. Dies gilt zumindest für die durchschnittliche
Bevölkerung in Argentinien. Anders verhielt es sich
ausgerechnet
mit der Punkszene und den Anarchisten. Da Fabian, nicht wie verabredet,
in dem Squat auf uns wartete, baten wir darum unsere Sachen kurz
abstellen zu können, um ihn dann in den anderen, in
unmittelbarer
Nähe gelegenen, besetzten Häusern zu suchen.
Überall wo
wir ankamen und nach ihm fragten wurden wir mit einer äusserst
unangenehmen Kühle empfangen und auch als wir nach mehreren
Stationen zum ersten Haus zurückkehrten, um auf ihn zu warten,
kamen wir uns keineswegs willkommen vor. In diesem Moment hielt ich
einfach nur die Bewohner des Hauses für ein bisschen
verschroben,
als wir jedoch am Ende unserer Reise in Argentinien erneut auf Punks
trafen, setzte sich diese zurückhaltende und kühle
Verhaltensweise fort. Völlig egal, ob ich in
Plattenläden
nach Tauschmöglichkeiten fragte, oder ein paar Typen mit
Singles
und Buttons beschenkte... die Punks in BsAs verhielten sich so
stocksteif, dass dagegen selbst Europäer noch als
überschäumende Spasskanonen bezeichnet werden
können.
Nun, wir machten uns nichts daraus, suchten uns ein billiges Hotel und
erkundeten eben auf eigene Faust die erste Station unserer Reise. Und
obwohl ich im nachhinein sagen muss, dass mich die Punksszene, wie ich
sie erlebt habe überhaupt nicht beeindrucken konnte, so komme
ich
wohl kaum daran vorbei Buenos Aires als eine der grossartigsten
Städte (zumindest von denen die ich gesehen habe) dieses
Planeten
zu bezeichnen. Diese unglaublich riesige Stadt (als wir uns mit dem
Flugzeug langsam senkten, konnte ich kaum meinen Augen trauen) zog mich
wirklich ziemlich schnell in ihren Bann. Im Vergleich zu anderen
Städten Lateinamerikas ist ein grosser Teil der historischen
Architektur erhalten geblieben, was der ganzen Stadt einen
völlig
anderen Flair verleiht, als Betonwüsten wie Caracas oder Lima.
Mittlerweile verrotten zwar viele der alten Häuser und auch
der
Leerstand in alten Gebäuden ist enorm, aber das macht die
ganze
Sache noch etwas reizvoller. BsAs biete also alleine für das
Auge
etwas, und obwohl die Stadt schlappe 70mal so gross ist wie mein
heimisches Freiburg, findet man sich doch einigermassen zurecht. Und so
kann man locker durch die Strassen schlendern, am Rio de la Plata
vorbei sehen oder sich in den zahlreichen Parks rumtreiben, in denen
Sonntags auch Flohmärkte betrieben werden. Die Stimmung in den
Strassen ist eigentlich durchweg freundlich, selbst wenn manche
der Gegenden nicht ganz so geleckt aussehen, wie
grosse
Teile der Innenstadt. Vor allem im ‘Tango-Viertel’
San
Telmo kann man wunderbar herumlaufen, zahlreiche Wandgemälde
betrachten und dem fröhlichen Nichtstun fröhnen.
Deutlich sichtbar sind allerdings die Auswirkungen der
Wirtschaftskrise. Sind die zahlreichen Grafitis und Plakate an den
Wänden noch ganz nett anzusehen, so wird einem schon etwas
anders
zumute, wenn man sieht, wie vor allem alte Menschen mit blossen
Händen, Steinen, Farbdosen und Stöcken gegen die
extrem
verbarrikadierten Banken angehen. Und obwohl die Proteste, die wirklich
täglich an allen Ecken der Stadt statt finden, sind sie
geradezu
frustrierend, denn sowohl die Polizei als auch die Banken reagieren mit
überheblicher Ignoranz auf die wütende Menge. Man
verschanzt
sich, harrt aus und überlässt die Ärmsten
der Armen
ihrem Schicksal. Soviel Mut einem ein 80jährige Frauen mit
Farbsprühdosen und Plakaten auf denen nicht selten die Parole
‘Scheiss Politiker’ steht, auch machen sollten,
spätestens die Reaktionen der Verantwortlichen für
die
wirtschaftliche Situation können einem Tränen der
Trauer oder
Wut in die Augen treiben. Eine ziemlich erschreckende Sache ist -
nebenbei bemerkt - die Tatsache, dass sich zahlreiche nationalistische
oder national-kommunistische Organisationen und Parteien die Stimmung
innerhalb der Bevölkerung zu nutzen machen und ihre mit
‘anti-Globalisierungs-Parolen’ versetzte
Volks-und-Nation-Scheisse propagieren. Widerlich anzusehen, wie
pseudo-revolutionäre Demonstrationen in argentinischen
Nationalflaggen geradezu untergehen!
Letztendlich hilft das den Menschen auch nicht weiter, die Abend
für Abend die Müllsäcke auf den Strassen
Buenos Aires
nach etwas verwertbarem durchsuchen müssen, um irgendwie
über
die Runden zu kommen.
Nach ein paar Tagen brachen wir dann auf, um in Montevideo die Jungs
von HABLAN POR LA ESPALDA zu treffen. Mit der Fähre ging es
die 3
Stunden über den Rio de la Plata, um - kaum angekommen - von
den
beschissenen Grenzbeamten in die Mangel genommen zu werden. Ich hatte
einen Stapel Singles, CDs, Buttons und Aufnäher dabei. Man
warf
mir vor, dass ich versuchen würde Propaganda ins Land zu
schmuggeln, doch auf meine Frage was für Propaganda dass denn
bitte schön sein solle, reagierte man nur unwirsch und
unverschämt. Ich liess mir diese Scheisse aber auch nicht
bieten,
rief erstmal bei Martin an und weigerte mich beständig
irgendwelchen Papierkram zu unterschreiben. Tja, ich war erstmal meine
Platten los, war aber insofern befriedig, als dass ich diesen
Zollpissern den unverdienten Feierabend um satte zwei Stunden
herausgezögert hatte. Immerhin erhielt ich die Erlaubnis die
Platten zurück nach Buenos Aires zu nehmen. Aber das lag
natürlich nicht gerade auf unserem Weg, da wir direkt nach
Chile
weiter wollten. Was soll’s, wir schlossen erstmal Martin in
die
Arme, suchten ein billiges Hotel (direkt im Zentrum, zwei Personen,
eigenes Badezimmer für: 6 Euro!!!) und packten die anderen
Mitbringsel aus, die nicht beschlagtnahmt worden waren: ZWEI FLASCHEN
JÄGERMEITSTER!!!
Die Nacht wurde also noch lustig... wir besuchten eine sehr coole
Kneipe namens ‘LA RONDA’ und gurkten im VW
Käfer von
Martins Bruder Fermin durch die Strassen von Montevideo. Auch die
nächsten Tage verbrachten wir in Begleitung von Martin und
seinen
Freunden, die sich allesamt als sehr sehr nette Zeitgenossen
herausstellten und sich wirklich sich wirklich rührend um uns
kümmerten. Montevideo ist ebenfalls eine wunderschöne
Stadt,
die zwar immerhin die Hälfte der Bevölkerung Uruguays
beherbergt aber dennoch kaum mehr als 1,5 Million Einwohner ihr eigen
nennt. Dementsprechend ruhig und geradezu familiär ist das
Leben
auf den Strassen. Auch in Uruguay begegneten uns die Menschen auf der
Strasse sehr entgegen kommend und überaus freundlich und wie
schon
Buenos Aires hat Montevideo architektonisch einiges zu bieten.
Insgesamt gleichen sich die Städt ziemlich, obwohl Montevideo
noch
etwas entspannter und durch das ständig sichtbare Meer (oder
vielmehr den Rio de la Plata) romantischer wirkt. Wenn dann noch die
Pferdekutschen mit Müllsammlern durch die Strassen kleppern,
fühlt man sich schon fast ins 19. Jahrhundert zurück
versetzt.
Auch die “Punkszene”, wenn man sie
überhaupt als
solche bezeichnen möchte, wirkte auf uns sehr angenehm. Viele
unserer Freunde arbeiteten als Modedesigner, Grafiker,
Künstler
oder Siebdrucker. Dadurch hat die Szene in Montevideo, die sich
über musikalische Grenzen ohnehin hinweg setzt, einen
völlig
eigenen Stil entwickelt, der sich auch in Kleidung und Style
ausdrückt. Für uns war es wirklich nett anzusehen,
wie hier
Kategorien wie Rock’n’Roll, Hardcore, Punk,
Indierock
über den Haufen geworfen wurden und alle Leute - egal
für
welche Musik sie sich nun auch begeistern konnten - zusammen arbeiten
und auch wirklich befreundet sind. Auch für musikalische
Einflüsse scheinen viele Bands aus Uruguay wesentlich
aufgeschlossener, als Bands aus Europa oder den USA. Es war sehr lustig
auf der Strasse Emo-Kids, Straight Edger, den einzigen Sharpskin und
andere heiter Gestalten zu treffen und mit jedem mal ein kleines
Schwätzchen halten zu können, ohne schräg
angeschaut zu
werden. An unserem letzten Tag fand ich auch noch heraus, wo sich der
Plattenladen von Mauro, dem Schlagzeuger der Band PIREXIA befindet und
stellte mich diesem sehr sympathischen Kerl vor. Wir verstanden uns
gleich prächtig und quasselten eine halbe Ewigkeit
über seine
Erfahrung auf der Europatour, die Szene Süd Amerikas und
anderen
Schnickschnack. Zugleich erleichterte ich meinen Geldbeutel und erstand
ein paar wirklich klasse Scheiben. Da ich PIREXIA derzeit für
eine
der grossartigsten Bands aus Süd Amerika halte war ich
natürlich, um so begeistertet, als sich die Bandmitglieder
(die
auch im Laden auftauchten) als äussert freundliche und vor
allem -
von ihren Ideen her - als sehr intelligente Menschen herausstellten.
Mal sehen, ob aus dieser Freundschaft, die wir so schnell schliessen
konnten noch irgendetwas wird...
Ein heisser Tip für alle Vegetarier, die einmal in Uruguay
vorbei
schauen ist definitiv die Restaurantkette ‘La
Vegetariana’
in der es ein geniales ‘All-You-Can-Eat’-Buffet
für
schlappe 3 Euro gibt. Wir schlugen uns dort nicht nur einmal die Wampe
bis zur Schmerzgrenze voll!!! Interessant ist an diesem Restaurant,
dass es hauptsächlich von fettleibigen Menschen besucht wird,
denen der Arzt wohl den fetten Fleischgenuss verboten hat. Ob es dann
allerdings Sinn macht sich derart mit vegetarischen
Köstlichkeiten
und Kalorienbomben von der Nachtischtheke vollzustopfen entzieht sich
meiner Kenntnis. Letztendlich waren wir aber sehr angetan, dass es in
diesem Land mit seinen 9 Millionen Kühen überhaupt
eine
Möglichkeit gab ohne Probleme vegetarisch/vegan zu essen. Ach
ja,
noch etwas Absonderliches zu den bereits erwähnten 9 Millionen
Kühen, denen ja gerademal 3 Millionen Uruguayaner entgegen
stehen.
Wie uns die Jungs von HABLAN POR LA ESPALDA und auch diverse andere
Personen berichteten spielt Sodomie in der Gesellschaft Uruguays eine
bedeutende Rolle. Wir trauten unseren Ohren kaum, als uns die Band von
Landbewohnern erzählte für die es wohl nichts
sinnlicheres
gibt, als Kühe oral zu befriedigen. Uns traten die Augen aus
dem
Kopf hervor, als die Jungs anfingen sich in heftigen Stories zu
überbieten und uns letztlich auch berichteten, dass ein
Volksdichter die Sodomie mit den Worten: “Ja sollen sich die
Männer etwa gegenseitig ficken...” zu legitimitieren
versuchte.
Unseren letzten Abend in Montevideo beschlossen wir dann in der
Edeldisco “W” in der eine Modenschau, der
befreundeten
Modedesignerinnen stattfinden sollte. Wir glühten also
ordentlich
vor und liessen uns rechtzeitig um 24 Uhr blicken. Zu einem Zeitpunkt
an dem noch absolut tote Hose war. Egal, wir waren eine netten Gruppe,
unterhielten uns prima und versuchten uns mit diesen
höllenteuren
Drinks zu betrinken. Natürlich wurde ich ein wenig
schräg
angeschaut, schliesslich verirren sich Iropunker mit flotter
Bügelfaltenhose (die ich in Fermins Klamottenladen DR.KRONSKI
erstanden hatte) nicht so schnell in die angesagtesten Discos Uruguays,
doch insgesamt verhielten sich die Leute mit gebührendem
Respekt.
Das konnte man von einer dieser aufgedonnerten, blondierten Conchettas
(so der uruguayanische Fachausdruck für Tussie) nicht
behaupten,
die mir im Gedränge vor den Toiletten völlig schamlos
über die Hose kotzte! Obwohl ich mich natürlich
sofort in die
lange Schlange vor den Klos stellte um dieses Missgeschick fluchend von
meiner Buxe zu entfernen, war der restliche Abend davon gekennzeichnet,
dass ich versuchte dafür zu sorgen, dass mir der warme Brei
nicht
auch noch in die Sportschuhe triefte. Spätestens als im 80er
Jahre
Dancefloor ROXETTE aufgelegt wurde, vergass ich allerdings jedliche
Scheu und tanzte wild und ausgelassen mit unseren Freunden auf der
rundum verglasten Tanzfläche mit prächtigem Blick auf
die
Bucht, zu den abstrusen Klängen von Knallern wie George
Michael,
Madonna, Queen, Boy Georg und vielen anderen.
Wir kamen dementsprechend spät in unserem Hotel an und hatten
grösste Mühe am nächsten Tag rechtzeitig zum
Busterminal
zu gelangen, um unsere 23-stündige Fahrt nach Mendoza im
Westen
Argentiniens anzutreten.
Busfahrten sind in Süd Amerika die billigste und wohl auch
zuverlässigste Art um von Punkt A nach B zu gelangen. Wir
verbrachten insgesamt wohl um die 120 Stunden in diversen Bussen, die
uns tausende von Kilometern durch den Kontinent schaukelten. Obwohl
viele der verwöhnten Touristen ziemlich gereizt auf das
Busfahren
reagieren, gibt es für mich kaum etwas schöneres,
denn die
Landschaft, die Städte und die Natur die an einem
vorbeirauscht
ist das wunderbarste Kino, das man sich nur so erdenken kann. Klar,
manchmal kann es ziemlich ungemütlich und anstrengend sein,
doch
generell ist es die beste Möglichkeit einen Eindruck von den
Ländern zu bekommen, durch die man reist. Für eine 24
stündige Fahrt mit vernünftigen Bussen in denen man
die
Beinchen ausstrecken kann und auch noch was zu Essen bekommt
(natürlich nur Fleisch) wird selten mehr als 45 Euro verlangt.
Mendoza erwartet uns also - leider hatten wir von der Landschaft um
Mendoza herum wenig mitbekommen, da die Sonne doch recht zeitig
untergeht und wir somit 12 Stunden in Dunkelheit verbrachten. Obwohl es
in unmittelbarer Nähe zu den Anden liegt empfing uns ein
relativ
freundliches Klima. In Deutschland brummet derzeit zwar noch der
Spätsommer, doch da das Klima in Süd Amerika einfach
einmal
umgedreht ist, hatten wir mit den schüchternen
Anfängen des
Frühlings vorlieb zu nehmen. In Mendoza hatten wir leider
keine
Kontakte weshalb wir einfach ein bisschen auf eigene Faust durch diese
schöne und ruhige Stadt schlenderten. Zwei Tage
später ging
es dann aber los in Richtung Santiago de Chile. Die Fahrt von Mendoza
nach Chile führt natürlich dirket durch die Hochanden
und
zählt wohl zu einer der spektakulärsten Strecken, die
man im
Auto/Bus zurücklegen kann. Ich war wirklich hin und weg von
diesen
gigantischen Bergen die sich um dich herum auftürmen und mit
ihren
blendend weissen Schneespitzen im harten Kontrast zum tiefblauen Himmel
stehen. An der Grenze hatten wir zum Glück keine Probleme -
meine
Platten schlummerten ja auch noch im Archiv der Zollwichser in Uruguay
(Letztendlich konnte Martin sie gegen einen kleinen Bestechungsbetrag
von brutalen 50 Dollar freikaufen und mir nach Buenos Aires schicken).
Auch die Fahrt von der Grenze bis nach Santiago ist
wunderschön,
führt sie doch durch verschlafene Andendörfen,
blühende
Apfelbaumplantagen und von Gebirgsbächen durchzogene
Landschaften.
HAMMER!!!
In Santiago erwartete uns bereits Raul von Sin Apoyo mit ein paar
Kollegen. Und so konnten wir zur Casa Amarilla aufbrechen. Casa
Amarilla ist - oder vielmehr war - ein besetztes Haus in der Hauptstadt
Chiles. Näheres über dieses Haus könnt ihr
einem anderen
Artikel dieser Ausgabe entnehmen. Wir wurden auf alle Fälle
herzlich von den Bewohnern Carola, Richar, Francois und Rollo
aufgenommen und zu meiner Überraschung trieb sich auch Harold
aus
Valparaiso, den ich ja schon auf der Tour mit APATIA NO getroffen
hatte, dort herum. Und so gab es erstmal ein wenig zu plaudern, kennen
lernen, palavern und so weiter. In den nächsten Tagen schauten
wir
uns ein wenig Santiago an, verbrachten aber auch viel Zeit in der Casa
Amarilla, da wir uns sehr schnell mit den Bewohnern angefreundet hatten
und wesentlich mehr Freude daran hatten mit diesen netten Personen
herumzuhängen, als uns die chaotische, laute, von Menschen
überladene und stinkende Stadt Santiago anzusehen. Immerhin
hatten
wir das Glück in relativ kurzer Zeit gleich zwei Konzerte
erleben
zu dürfen. War die Show von TENEMOS A MATUTE auf einer
Fakultätsparty von irgend einer Universität noch
ziemlich
geil, so graut es mir bei dem Gedanken an das Konzert, welche gerademal
zwei Tage später stattfand. Ich war schon sehr aufgeregt, denn
dort sollten SIN APOYO aufspielen. Das entsetzliche war, dass neben SIN
APOYO auch noch 13 andere Bands ihren Auftritt haben sollten. Gut und
gerne 80 Prozent der Gruppen hatte dort gar ihren aller ersten
Auftritt. Dementsprechend stümperhaft und stinklangweilig
dödelten sich die Gruppen durch ihre Sets. Das ganze wurde
dann
noch durch einen grottenschlechten Sound und ein absolutes
Deppenpublikum abgerundet. In dieser alten Druckerrei (die Maschinen
standen noch herum) trieben sich unzählige, brutal besoffene
Kidpunx und sogenannte Destroy-Punks herum. Destroy-Punks sind jene
Sorte von Typen, die ausser Suff und Keilerei nichts mit Punk am Hut
haben und auch gerne mal Anarchisten, Schwulen und sonstigen
“Feinden” ans Leder gehen. Das konnte ja heiter
werden...
Nun, immerhin waren SIN APOYO ziemlich geil und bretterten im Vergleich
zu den anderen Bands eine derart perfekte und knallharte Show hin, dass
ich mich wunderte, warum das Publikum wie angewurzelt im Saal stand.
Nach ihrem Auftritt wurde ich von einem Punker angesprochen, der sich
mir als “Miguel Punk” vorstellte und - als er
erfahren
hatte woher ich kam und was ich hier so treibe - verkündete,
dass
ich nun keine Probleme mehr haben würde, weil er nun mein
Freund
sei und in brenzligen Situationen zu meiner Hilfe eilen würde.
Keine zwei Minuten später hatte er allerdings eine
äusserst
brenzlige Situation an den Hacken, denn ein supertoller Boxchampion
meinte in ihm einen Nazipunk erkannt zu haben. Daraufhin wurde
“Miguel Punk”, der ziemlich besoffen und
friedfertig
versuchte einem Streit aus dem Weg zu gehen von diesem selbsternannten
Szenewächter durch den kompletten Laden gedroschen. Zu diesem
Zeitpunkt wusste ich noch nicht um was es hier ging und wollte mich
nicht wirklich in den Streit einbringen. Ich wäre auch der
einzige
gewesen, denn absolut niemand versuchte die beiden auseinander zu
bringen. Ganz im Gegenteil, als “Miguel Punk”
irgendwann zu
Boden ging traten all die Leute die davor nur blöde geglotzt
hatten auf den am Boden Liegenden ein. Diese Scheisse
bedrückte
mich ziemlich, da ich mich nicht imstande fühlte in dieses
Geschehen einzugreifen und da ich nicht das Gefühl hatte, dass
es
sich hier wirklich um einen Nazipunk handelte.Doch das war ja erst der
Anfang, denn SIN APOYO, die nun für 9 Bands ihr Schlagzeug zur
Verfügung gestellt hatten, meinten, dass es nun genug sei und
keine Band mehr spielen könne, da sich sonst das Equipment in
Schrott verwandeln würde. Da es ohnehin schon sehr
spät war
und das Publikum vollkommen deriliös im Saal herumeierte
hätte jeder normale Mensch mit Vernunft eingesehen, dass SIN
APOYO
vollkommen recht hatten. Selbst der Veranstalter hatte genug vom
Konzert und wollte mit dem Abbau beginnen. Eine besonders grosse
Spackenband in Exploited-Shirts, die davor noch durch
‘Anarchopunk’-Gegröle aufgefallen war,
spielte nun die
beleidigte Leberwurst, stiess Konzertveranstalter und SIN APOYO von der
Bühne, versuchte eine Schlägerei anzuzetteln und
Flaschen zu
zerschmeissen (keine Ahnung warum sie nichtmal das hinbekommen haben,
diese Versager). Frustrierend wurde es, als dann Teile des Publikum
zusammen mit dieser Band ‘anti-anarchistische’
Parolen
anstimmten und versuchten die Anarchopunk Szene in den Dreck zu ziehen.
Diese Deppen verzogen sich jedoch relativ rasch und so konnten wir den
Abend etwas entspannter ausklingen lassen und uns schliesslich mit der
riesigen ‘LA LUCHA SIGUE EN PIE POR LA
LIBERTAD’
Fahne ablichten lassen.
Immerhin war nicht alles, was wir in Santiago erlebten derart
frustrierend, so nahmen wir doch an einer sehr gut besuchten
Demonstration für Tierbefreiung, gegen Zirkus und
Fleischgenuss
teil und hatten dort wirklich viel Spass. Die Demonstration, die wir
einen Tag später in Erinnerung an den Militärputsch
besuchten, wird in einem anderen Artikel abgehandelt...also
blättert ein wenig herum.
Kurze Zeit später verabschiedeten wir uns allerdings aus
Santiago
und pirschten uns gen Süden vor. Da ja in Süd
Amerikas alles
umgekehrt ist, erwartet uns dort weder mediteranes Wetter und
Badestrände sondern eisige Winde und Dauerregen. Dennoch
zählt Chiloé, eine kleine Insel im Süden
Chiles zu den
schönsten Flecken, die ich bislang auf dieser Erde gesehen
habe.
Das fängt schon in den kleinen Städtchen an, die es
auf der
Insel gibt. Die wenigen Einwohner, die in ihrer Freundlichkeit wohl
kaum zu überbieten sind, wohnen in zuckersüssen
Holzhäuschen, die in den unterschiedlichsten Farben
angestrichen
sind und genauso einladend aussehen, wie sie es auch in Wirklichkeit
sind. Castro, die grösste Stadt mit gerademal 20.000
Einwohnern
wirkt, als wäre hier eine Villa Kunterbunt an die
andere
gereiht. Wir schlenderten also die nächsten paar Tage durch
die
Dörfchen der Insel, schliefen viel und besuchten auch den
Nationalpark, der zu dieser Zeit völlig touristenfrei und wild
romantisch war. In Chiloé traf ich sogar auf einen
Punkrocker,
der mir von einer kleinen Szene mit gerademal 15 Personen berichtete.
Leider war der Knabe etwas zu schüchtern, um mich mit zu
seiner
Bandprobe zu nehmen. Egal, wir haben immerhin Adressen ausgetauscht.
Nach ein paar Tagen auf Chiloé hatte mich eine fiese
Rotznase
fest im Griff und daher entschlossen wir uns nach Norden zu ziehen. Wir
legten einen kurzen Zwischenstop in Puerto Montt ein, eierten auch noch
mal eben nach Puerto Varas und stachen dann direkt durch in den hohen
Norden. 36 Stunden Busfahrt später erreichten wir:
Antofagasta,
ein ziemlich unspektakuläre Stadt am Meer... umringt von der
furztrockenen Atacama Wüste. Wir hatten zwar
brüllende Hitze
erwartet, doch die Brise vom Meer war eher frisch. Trotzdem flackten
wir ein bisschen am Strand herum und trafen uns, nachdem wir die Stadt
per pedes erkundet hatten, mit ein paar Anarchopunks, deren
Kontaktadressen ich von unserem Freund Harold bekommen hatte. Julia und
ich war ziemlich angetan von den vier Jungs, die eines Abends in
unserem Hotel standen und uns mit ihrer Freundlichkeit
überhäuften. Sofort ging es los Bier, Wein und Kippen
kaufen.
Da der öffentliche Alkoholgenuss in Chile nur am
Nationalfeiertag
und an Sylvester erlaubt ist, mussten wir unser kleines Gelage
ausserhalb der Stadt, zwischen Bahnlinien und dreckigen Hügeln
zelebrieren, was unserer Stimmung keinerlei Abbruch tat. Wir
schütteten uns billigen Wein in die Köppe, soffen
Bier und
redeten über das Leben. Ein wirklich grandioser Abend mit
neuen
und sehr sympathischen Freunden. Allerdings tauchte irgendwann auf der
Strasse, die sich unter uns erstreckte, die Bullen auf. Und schon
mussten wir im Schweinsgalopp das Weite suchen, um nicht wegen
Trunkenheit in der Öffentlichkeit inhaftiert zu werden. Dieser
Run-and-Hide Spielchen wurde dann noch mehrmals wiederholt... bis ich
nur noch volltrunken umhereiern konnte. Ab einem gewissen Zeitpunkt
versinkt meine Erinnerung dann allerdings in einem Nebelschleier.
Leider ging es für uns am nächsten Tag schon
weiter... so ist
es eben auf Reisen ein ständiges Hallo und Aufwiedersehen.
Insgesamt eine ziemlich schmerzliche Angelegenheit, denn von fast all
den super Leuten und neuen Freunden, die man kennen lernt, kann man
ausgehen, dass man sie in seinem Leben kein zweites mal sehen wird.
Naja, warten wir es mal ab. Die Auswanderungspläne sind ja
auch
noch nicht gestorben! Wir machten uns auf den Weg nach San Pedro, einer
kleinen Oase inmitten der Atacama Wüste. Schon im Bus dorthin
lernten wir einen sehr netten Polen kennen, der mit seinem Kumpel eine
Fahrradtour durch Süd Amerika bestreitet. Krankheitsbedingt
sassen
die zwei in San Pedro fest und da Julia prima polnisch spricht und
Micha auch des deutschen mächtig war, freundeten wir uns
schnell
an. San Pedro, dass hatte man uns schon prophezeit, ist von Touristen
völlig überlaufen. Der Ort ansich besteht aus kleinen
staubigen Strassen, Lehmhäusern und eben Touristen.
Unglaublich,
was sich dort durch die Strassen wälzte. Wäre die
Umgebung
San Pedros nicht derart atemberaubend und die Unterkunft zu der uns die
Polen schleiften nicht so überragend gastfreundlich gewesen...
wir
hätten uns sehr schnell verkrümmelt. So erkundeten
wir
tagsüber die Umgebung und ballerten uns Abends zusammen mit
den
Polen, der Hostel-Angestellten Christina und zwei anderen deutschen
Touristen die Lampen aus. San Pedro hat wirklich einiges zu bieten. Das
Dorf befindet sich auf einer Hochebene nahe Boliviens und grenzt an
eine riesige Salzwüste, die eigentlich eher aussieht wie ein
überdimensionierter Acker. Allerdings dehnt sich dieser soweit
das
Auge reicht aus und endet erst an den Füssen verschiedener
Vulkane, die dieses ehemalige Meer begrenzen. Allein den Blick von
diesen gigantischen Vulkane zu lassen fällt schon schwer, denn
diese Berge ragen überall wie abstruse Kegel in den Himmel.
Diese
Vulkane und ihre unterirdischen Aktivitäten sind auch
für die
Geysire verantwortlich, die wir eines Tages besuchten. Mit dem Bus ging
es bereits morgens um 4 Uhr los in eine Höhe von 4600 Metern,
wo
uns ein hübsches Spektakel erwarten sollte. Doch auf 4600
Metern
wird die Luft bekanntlich auch etwas knapper und so hatte ich erst
einmal Mühe Julia zu beruhigen, die schwer mit Schwindel und
Übelkeit zu kämpfen hatte. Während ich also
noch auf sie
einlaberte, sie müsse nun nur die Aspirin drinnen behalten,
dann
würde gleich alles besser, kotzte sie schon schwungvoll in die
Landschaft. Dannach ging es allerdings besser und wir konnten bei
Eiseskälte (-10 Grad??) das unglaubliche Schauspiel von
zahlreich
prustenden, kochenden, speihenden, schnaufenden und blubbernden
Geysiren beobachten, die hier ihren Schwefelatem in die glasklare
Morgenluft hauchen. Ich hatte dererlei bislang nur im Fernsehen gesehen
und war wirklich überwältigt, wie begeistert man doch
sein
kann, wenn heiser Dampf aus der Erde quillt. Ich konnte gar nicht damit
aufhören durch das Getöse zu stapfen und in die
verschiedenen
Krater zu glotzen. Aber helau, da fühlt man sich wie ein
kleines
Kind. Und das kindliche Gefühl nahm noch mehr zu, als uns auch
noch Vikunas, Lamas und sonstige Viecher über den Weg
hoppelten
und ich wie ein Irrer Fotos verballern konnte, auf denen man
letztendlich nur ein paar kleine Pünktchen sehen kann, die
wohl
Tiere sein sollen. Wie dem auch sei - San Pedro bietet hammergeile
Landschaften, die zwar auf Fotos schon klasse aussehen, in Wirklichkeit
aber so enorm sind, dass man sich permanent fragt, ob dass denn alles
echt sein kann.
Aber all zu lange hielt es uns dann doch nicht in San Pedro, denn die
Preise in diesem Kaff liegen genrell weit über dem
Landesdurchschnitt und machen einen Aufenthalt dementsprechend teuer.
Daher packten wir unsere sieben Sachen und gurkten nach La Serena,
einer Stadt an der Küste, wo wir endlich unserem
Badevergnügen fröhnen wollten. Daraus wurde nix, denn
mit dem
Wetter hatten wir nicht sonderlich viel Glück. Aber egal, der
riesige Strand, an dem die Brandung krachend hernieder ging, lud auch
so zu kleinen Spaziergängen ein. Je weiter wir uns allerdings
von
der Zivilisation entfernten, um so mehr glich dieser verlassene Strand
dem Friedhof der Kuscheltiere. Immer öfter trafen wir nun auf
die
verwesenden Kadaver und Überreste von Pinguinen,
Seelöwen,
Robben, Möwen und sonstigem Viehzeug. Und zwischen all diesen
alptraumhaften Begegnungen tummelten sich furcherregend grosse Geier
und sonstige Aasfresser. Nuja, wir zogen es dann doch vor etwas durch
die ziemlich gemütliche Stadt mit ihrem Überhang an
Kirchen
zu trotten. Nach zwei Tagen waren wir allerdings genug getrottet und
entschlossen uns lieber zur schönsten Stadt Chiles
aufzubrechen:
Valparaiso. Leider konnte ich Harold, den wir dort eigentlich treffen
wollten, telefonisch nicht erreichen und so quartierten wir uns erstmal
in eine sehr nette Pension ein, in der wir herzlichst willkommen
geheissen wurden. Und kaum hatte ich vom heimischen Computer eine
E-mail mit allen Kontaktdaten an Harold geschrieben, klingelte auch
schon das Telefon. “Ich bin in 30 Minuten da”
verkündete uns der älteste und gutherzigste
Punkrocker
Chiles. Und tatsächlich kreuzte er kurze Zeit später
auf. Im
Schlepptau seine Freundin Alice und ein Päärchen. Der
weibliche Part steuerte geradewegs auf mich zu und meinte:
“Hi Ingo, do you remember me??”. Ich stammelte
irgend ein
Blech daher und musste einmal mehr einsehen, dass mein Hirn
irgendwelche Probleme hat, wenn es darum geht sich Gesichter zu merken.
Julia fiel dem Mädel freudestrahlend in die Arme und ich stand
da
wie die letzte Götzenstatue! Hedda, Sängerin von URO,
mit
denen ich jüngst ein paar Konzerte klar gemacht hatte! Ich
vollkommener Trampel. Naja, aber wer rechnet damit in Chile
plötzlich auf Punksters aus Schweden zu treffen, oder? Unser
Team
für den Abend war also gebildet und so kauften wir uns erstmal
ein
paar Buddeln Schnaps (Rum & Pisco) und machten es uns am Hafen
gemütlich, wo wir uns genüsslich dicht machten, viel
redeten
und diskutierten. Valparaiso ist eine grosse Stadt, die sich
über
mehrere Hügel, die um eine Buchte liegen, erstreckt. Zu
später Stunde kamen wir also auf die Idee zu einem
Aussichtspunkt
überhalb der Stadt aufzubrechen, um das glitzernde Meer von
tausenden von Lichtern zu betrachten. Derweil hatten wir schon
zahlreiche Strassenhunde um uns versammelt und so zogen wir durch die
Strassen von Valpo. Eine Gruppe von knallblauen Punks und eine riesige
Horde von wilden Hunden. Filmreif!! Natürlich hatte sich der
strapaziöse Aufstieg gelohnt, denn der Blick über die
Stadt
ist sowohl tags als auch nachts lohnend. Ausserdem schaffte ich in
meinem trunken Zustand und mit extrem hängender Zunge einen
Bullen
davon zu überzeugen ein Erinnerungsfoto von unserer Gruppe zu
schiessen (ist allerdings Scheisse geworden - Depp!!).
Am nächsten Tag zogen wir dann zu Harold um, der zusammen mit
vier
anderen Leuten in einem heruntergekommenen, aber schönem Haus
wohnt. Der Blick aus dem Fenster reichte sogar bis zum Meer und damit
waren wir völlig verknallt in diese grossartige Bude. Den
ganzen
Tag verbrachten wir dann damit zu kochen, zu trinken und zu reden. Erst
abends brachen wir auf, um uns die Stadt noch etwas genauer anzusehen.
Harold entpuppte sich dabei als fantastischer Reiseleiter, der uns
jeden spektakulären Ausblick präsentierte, immer ein
Bier zur
Hand hatte und immer mal wieder einen Joint ansteckte. Typisch
für
Valparaiso sind die zahlreichen Aufzüge und Zahnradbahnen, mit
denen man die Höhenunterschiede in Valpo
überbücken
kann. Wir gurken also ständig mit prähistorischen
Aufzügen durch die Lande, während Harold kaum einen
Moment
ungenutzt liess, um Parolen auf den Wänden zu verewigen. Ein
wirklich heiterer Ausflug. Besonders bedrückend hingegen war
unser
Besuch im ehemaligen Knast von Valpo, in dem zahlreiche Gefangene der
Diktatur einsassen. Mit viel Überredungskunst liess man uns in
dieses gespenstische Gebäude, welche der
Öffentlichkeit
eigentlich selten geöffnet ist und heute für
kulturelle
Veranstaltungen genutzt wird. Allerdings hat sich im inneren des
Gefängnisses kaum etwas geändert. Und so kann man
sich die
Qualen, die die Gefangenen in stockfinsteren Isolationszellen, erlitten
haben müssen, deutlich vorstellen. Das Gefängnis,
welche
für 600 Gefangene konzipiert war, hatte eine Belegung von
satten
1500 Personen. Von der quälende Enge mit der Menschen dort
gefoltert wurden, konnten wir uns mit einem simplen Blick in die
winzigen Zellen überzeugen. Ein sehr beklemmendes Erlebnis, zu
dem
mir nur eines einfällt: Sprengt die Knäste!
Den Rest der Zeit in Valparaiso verbrachten wir mit den supernetten
Mitbewohnern Harolds. Wir lungerten in verlassenen Bahnwerken herum,
kletterten durch die verwinkelten Treppen, Strassen und Gassen der
Stadt und liessen uns die knallende Sonne auf den Kopf bretzeln. Leider
war dann aber erneut ein schmerzlicher Abschied angesagt und wir fuhren
zurück zum Ausgangspunkt unsere Chile-Reise. Zur Casa
Amarilla, wo
wir den traurigen Abschied zum Glück noch ein wenig
hinauszögerten. Um so schwieriger war es allerdings Rollo,
Carola,
Harold, Richar und all den anderen ‘Lebe wohl’ zu
sagen,
bevor wir mit kurzen Unterbrechungen zurück nach Buenos Aires
zuckelten. Und da trödelten wir noch ein paar Tage durch diese
wunderschöne Stadt und kam mit unseren letzten Pesos gerade
noch
so zum Flughafen - wo wir allerdings noch eine Ausreisegebühr
von
18 Dollar abdrücken sollten. Aber das ist eine andere
Geschichte...
GRACIAS Y SALUDOS:
Martin, Fermin, Puppy, Raul y Claudia, Rollo, Carola y Richar,
Francois, Harold y Alica, Hedda y Cesar, Johanna, Christian, Pancho y
los otros chicos de Antofagasta, Victor de Castro, Christina San Pedro,
Michael & Jan, Michau, HABLAN POR LA ESPALDA, PIREXIA, SIN
APOYO,
COLAPSO AUDITIVO, CUCSIFAE, T.A.M.
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